• Stefan Kühn: Hohe Rohwarenpreise locken zur Anlage in Zertifikate mit Verbindung zu Rohwarenanlagen.

    Was ist ein Zertifikat? Was ist eine Verbriefung?- Der besondere Preismechanismus und die Komplexität von Rohwarenanlagen: Contango und Backwardation- Ein Blick in den ,Werkzeugkasten‘ der Finanzwelt.

    BildDer Blick in den ,Werkzeugkasten‘: 1. Inhaberschuldverschreibung und Zertifikat als ,Trägerinstrument‘

    ,Die steigenden Energiepreise wecken das Interesse von immer mehr Anlegern. Grund genug, dass wir einen Blick in den ,Werkzeugkasten der Finanzindustrie‘ werfen, um mehr über die Geheimnisse der Produktstrukturierung zu erfahren! Als Beispiel betrachten wir ein Zertifikat auf den Preis für Erdgas!

    ,Trägerinstrument‘ für unser Zertifikat ist eine Inhaberschuldverschreibung, (englisch: bearer bond). Dies ist eine Schuldverschreibung (also Finanzierungsinstrumente mit Rentencharakter), die als Inhaberpapier ausgestaltet ist. Der Besitzer dieser Urkunden ist nicht namentlich benannt, was die einfache Übertragung ermöglicht und damit eine hohe Verkehrsfähigkeit sorgt.

    Inhaberschuldverschreibungen werden an der Börse gehandelt und mit Hilfe der WKN (Wertpapierkennnummer) oder der ISIN-Nummer identifiziert.
    Viele Anlageprodukte werden heutzutage als Zertifikate begeben. Dieser Vorgang nennt sich Verbriefung. Rechtlich betrachtet ist ein Zertifikat eine Inhaberschuldverschreibung.

    Zertifikate werden von einem Emittenten (z.B. einer Investmentbank) begeben und koppeln die Inhaberschuldverschreibung als Finanzierungsinstrument für die Bank mit dem Derivativteil, nehmen wir als aktuelles Beispiel die Entwicklung des Gaspreises! Die Investmentbank achtet dabei stets darauf, dass die Rohwarenposition des Zertifikats kein Richtungsrisiko (Exposure) aufweist. Die Position ist für die Bank als Absicherer (Hedger) ,marktneutral‘.
    Derivat bedeutet, dass das gekaufte Wertpapier keine direkte Investition in einen Wert darstellt. Sie kaufen also nicht den physischen Rohstoff. Die Funktion eines Derivats ist, dass es sich an der Preisentwicklung des sogenannten Basiswerts‘ orientiert, also davon ,ableitet‘ (vom lateinischen Wort ,derivare‘). Zu beachten ist auch, dass Derivate ihrerseits noch eine eigene Preisdynamik haben, wenn sie als Optionen begeben werden. Wir werden unsere Analyse aus aktuellem Anlass an einem Zertifikat auf den Gaspreis vornehmen.

    NB: Beim Konkurs der Investmentbank Lehman Brothers im Jahre 2008 wurde vielen Investoren schmerzhaft bewusst, dass sie das Kreditrisiko dieser Investmentbank trugen. Viele Lehman-Zertifikate verfielen wertlos! Deshalb ist dem Kreditrating (Kreditwürdigkeit) des Emittenten große Aufmerksamkeit zu schenken!‘, erklärt Finanzexperte Stefan Kühn, Vorstand der Autark AG, Duisburg.

    An Rohwarenmärkten (Terminkontrakte) werden Futures gehandelt!
    ,Im Unterschied zu Aktien und Renten, die ,zur Kasse‘ (,Spot‘: ,auf der Stelle‘, ,hier und jetzt‘; die Begriffe in Klammern bezeichnen den englischen Fachbegriff) gehandelt werden, werden bei Rohwaren Terminkontrakte (Futures) gehandelt.
    Wenn Anleger Futures (Terminkontrakte) kaufen, haben sie sowohl das Recht als auch die Verpflichtung, den der Futures-Anlage zugrundeliegenden Vermögenswert zu einem bestimmten Datum in der Zukunft zu kaufen. Beim Kassageschäft fallen Zahlung und Lieferung zeitgleich an. Im Unterschied zu Optionen bilden Futures die Preisentwicklung des Basispreises (fast) 1:1 ab. Optionen beinhalten hingegen ein Recht, aber keine Verpflichtung!

    Marktteilnehmer sind Spekulanten, Investoren (zu diesen zählen auch die Absicherer, also die ,Hedger‘ des Bankenbuchs) und die eigentlichen (End-)Verbraucher (Raffinerien, Versorger, verarbeitende Industrie).
    Für die Produzenten der Rohwaren (Bauern, Minenbetreiber, Energieförderer, etc.) sind Futures ein sinnvolles Instrument, um ihre Produkte zu einem bestimmten Preis zu verkaufen und damit Planungssicherheit (z.B. für Investitionen) zu haben. Die Abnehmer ihrerseits erhalten eine klare Kalkulationsbasis. Futures sind also ökonomisch wertvolle Instrumente!‘, jährt Finanzprofi Stefan Kühn von Musical and More AG, Duisburg, aus.

    Der Blick in den ,Werkzeugkasten‘: 2. Contango und Backwardation!

    Allerdings müssen bei der Anlage in Rohwaren gewisse Mechanismen und Komplexitäten beachtet werden. Dies betrifft vor allem die Dynamik der Futures-Terminkurve (forward curve). Das ist die Kurve, die sich durch das Abtragen der verschiedenen Futures Preise über die Zeit ergibt. Wir unterscheiden hier zwischen einer Terminkurve, die in einer ,Contango‘- resp. einer ,Backwardation‘-Formation vorliegen kann.

    Erschwerend kommt hinzu, dass sich diese Kurvenformationen verändern können, was seinerseits einen Effekt auf den Ertrag der Anlage hat. An den Börsen wird die Zukunft gehandelt und deshalb ändert sich ein Futures-Preis im Laufe der Zeit. Marktteilnehmer aktualisieren ihre Ansichten über den zukünftig erwarteten Spotpreis regelmäßig bei Eintreffen neuer Nachrichten! Dies verändert dann wiederum die verschiedenen Futures Preise und regelmäßig auch die Struktur der ganzen Forward Kurve!

    Eine Contango-Formation (,normale‘ Termin-Kurve) liegt vor, wenn der Futures-Preis über dem erwarteten zukünftigen Spot-Preis liegt. Da der Futures-Preis zum erwarteten zukünftigen Spot-Preis konvergieren muss, impliziert Contango, dass die Futures-Preise im Laufe der Zeit fallen.

    Diesen Effekt nennen wir ,die Terminkurve hinunterrollen‘ (Rolling down the curve). Eine Backwardation (,inverse‘ Terminkurve) liegt vor, wenn die Futures-Preise unter dem Spot-Preis liegen.

    Wenn ein Futures-Kontrakt unter dem Kassapreis gehandelt wird, steigt er über die Zeit an, da der Preis nach Ablauf des Kontrakts schließlich mit dem Kassapreis konvergieren muss. Dies ist wünschenswert für Investoren, die den ,Markt gekauft‘ haben (,long the market‘ sind): sie möchten ja, dass der Futures-Preis steigt. Diesen Effekt nennen wir ,die Kurve hochrollen‘ (Rolling up the curve).

    Backwardation tritt am wahrscheinlichsten auf, wenn ein bestimmter Rohstoff kurzfristig knapp wird – insbesondere bei ,weichen‘ Rohstoffen (,soft commodities‘) wie Öl und Gas. Sie ist weniger wahrscheinlich bei ,harten‘ Rohstoffen wie Gold oder Silber (hier gibt es große Vorräte). Bei anderen harten Rohstoffen, die industriell verbraucht werden (z.B. Kupfer oder Uran) kann hingegen auch eine Backwardation auftreten. Dies zum 1. Teil der Ausführungen, im 2. Teil analysieren wir die Ertragskomponenten unseres Zertifikats und die Preisbildung im gegenwärtigen Umfeld!‘, stellt Finanzexperte Stefan Kühn, Vorstand der Autark AG, Duisburg, in Aussicht.

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    Stefan Kühn ist Ökonom; er befasst sich seit einigen Jahren mit den volkswirtschaftlichen Veränderungen und der Interdependenz der Märkte sowie der politischen Einflussnahme in Bezug auf Unternehmen, Gesellschaft und den Geldmarkt. Er vertritt die These, dass es sich bei makroökonomischen keynesianischen und neu-keynesianischen Modellen meistens um vollständig interdependente ökonomische Systeme handelt, die nicht rekursiv, sondern nur simultan gelöst werden können. Dabei betrachtet er nicht allein rein wissenschaftliche Methoden, sondern bezieht seine Erkenntnisse aus seiner langjährigen Tätigkeit als Unternehmer und Consultant des Managements überwiegend börsennotierter Unternehmen wie der Autark Entertainment Beteiligungsholding AG, Musical & More AG, Autark Entertainment AG, u.a.

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